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Bei den Betroffenen, so erklären es Yehezkel Ben-Ari vom Institut de Neurobiologie de la Méditerranée des INSERM in Marseille und seine Kollegen, versage während der Geburt ein Schalter im Gehirn: Das Hormon Oxytozin, das unter anderem auch die Wehen auslöst, senkt den Gehalt an Chloridionen in den Hirnzellen während der Geburt drastisch ab. Das wiederum führt normalerweise dazu, dass der Neurotransmitter GABA fortan nicht mehr, wie im Fötus, erregend auf die Nervenzellen wirkt, sondern hemmend wie bei Erwachsenen.
Unterbleibt jedoch – aus welchen Gründen auch immer – diese Wirkung des Oxytozins, blieben die Chloridwerte dauerhaft hoch, und der Schalter klemmt. Das, so die Spekulation der Forscher, lenke das Gehirn im entscheidenden Moment auf eine falsche Bahn. Das neuronale Netzwerk könne sich nicht mehr ungestört entwickeln. [...] Die Wirkung der Chloridionen erforscht die Gruppe um Ben-Ari bereits seit einigen Jahren. Zuletzt hatten sie eine kleine Studie vorgelegt, für die sie an Autismus erkrankte Kinder und Jugendliche mit dem Diuretikum Bumetanid behandelten, einem harntreibenden Medikament, das Chloridionen mit dem Urin ausspült und so den Gehalt im Gehirn senkt. Bei den drei- bis elfjährigen Probanden zeigten sich leichte Verbesserungen der Symptome, allerdings gilt die Aussagekraft der Studie als sehr begrenzt. Eine größer angelegte Phase-II-Studie ist bereits angelaufen und soll Ende des Jahres veröffentlicht werden. Überdies hat Ben-Ari bereits eine Firma gegründet, mit der er den Einsatz von Chloridsenkern bei neurodegenerativen Erkrankungen erforschen will.
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Es gelang ihnen nämlich, durch Gabe von Bumetanid – also dem diuretischen Chloridsenker, den sie auch in der klinischen Studie testeten – alle genannten Effekte am Erscheinen zu hindern. Die Wissenschaftler gaben das Medikament dazu bereits den werdenden Nagetiermüttern. Daraufhin zeigte deren Nachwuchs keines der autismustypischen Kennzeichen mehr, obwohl sie entweder das defekte Fragile-X-Gen trugen oder als Embryo der Valproinsäure ausgesetzt waren. Wenn man so will, haben die Forscher damit die Tiere von ihren autistischen Symptomen geheilt.